Back to normal, Good Vibes und ein bisschen fremdeln
Back to Normal?!
Gestern ist es endlich so weit, mein erster Konzertbesuch nach einer gefühlten Ewigkeit. Die Band Mighty Oaks spielt auf der Rosenhof Summerstage in Osnabrück - draußen, bestuhlt und mit Abstand. Die drei Gs (Geimpft, Genesen, Getestet) werden befolgt, klar doch. Maske wird aufgesetzt beim Einlass und auf dem Weg zum Platz, mittlerweile Routine im Pandemie-Alltag.
Noch wesentlicher als der zeitliche Abstand zu meinem letzten Konzert, ist die Tatsache, dass es das erste Konzert nach monatelangem Lockdown und Social Distancing ist. Das erste Mal gemeinsam feiern nach einer Zeit, in der wir mindestens unbewusst gelernt haben, dass gemeinsame Feste und Veranstaltungen gefährlich sind. Wie normal werde ich es finden, wieder ein Konzert zu besuchen, mit meinen Freunden, aber eben auch mit vielen anderen Menschen?
Good Vibes?!
Auf Konzerten lade ich meine Energietanks voll und der Alltagsstaub wird weggespült. Für mich bedeuten Konzerte, mich am Leben zu erfreuen. Was haben sie mir gefehlt! Dementsprechend bin ich schon den ganzen Tag lang voller Vorfreude und aufgeregter Anspannung. Dann geht es los. Die Besucher haben sich brav auf ihre zugewiesenen Plätze gesetzt. Bekannte grüßt man aus der Ferne. Die Band spielt die ersten Songs. Alle bleiben sitzen, wippen maximal mit Beinen und Kopf. Ich werde etwas unruhig. Sollte das jetzt so bleiben? Ist das jetzt die neue Konzertstimmung? Kein Mitklatschen, Mitsingen, Mittanzen? Der Sänger der Band bemerkt die Unsicherheit, kennt es womöglich schon. Er findet empathisch aufmunternde Worte, doch ruhig das Konzert zu genießen und mitzumachen. Wir dürften auch aufstehen. Mit den Veranstaltern sei das abgesprochen. Ich spüre Erleichterung. Endlich doch noch ein bisschen echte Konzertstimmung. So ist es dann auch. Alle stehen auf, tanzen mit, klatschen mit und jubeln. Was mir auffällt, dass die Konzertteilnehmer seltener ihr Handy zücken. Mir geht es ähnlich. Ein, zwei Erinnerungsfotos und ansonsten einfach erleben. In mir macht sich langsam ein Gefühl wohliger Freude breit. Nicht nur selbst wieder mit Freunden unterwegs zu sein, sondern auch andere in ihrer Freude zu beobachten, bringt meine Seele zu lächeln. Wenn sich Bekannte wiedersehen, sich nicht nur zuwinken, sondern auch wieder ins Gespräch kommen, Jung und Alt nebeneinander, wobei mir auffällt, dass die Älteren viel ungehemmter tanzen und feiern. Neben Freude und Berührtsein empfinde ich auch Zuversicht und Hoffnung. Und ich spüre erleichtert, wie sich mein Energiespeicher füllt.
Ein bisschen fremdeln.
Heute entdecke ich in der Lokalzeitung einen Artikel, dass das Fremdeln mit eigentlich bekannten und doch irgendwie neuen Situationen normal sei. In der Pandemie haben wir uns sozusagen soziale Angst antrainiert. Und immer noch schwebe die Bedrohung neuer Varianten über uns. Wir müssten uns unser Sozialverhalten neu antrainieren, dabei Zeit geben, unsere Sorgen offen kommunizieren, empathisch füreinander bleiben und dennoch Schritt für Schritt nach vorne gehen, jeder in seinem Rhythmus. Neben aller Freude über das klasse Konzert, war eben auch das Fremdeln mit der Situation Thema unter uns Freunden und das Feststellen, dass man erst wieder lernen muss, wie das so geht mit Konzerten, unter Leuten sein und das eigene Sozialverhalten. Einen Schritt in die richtige Richtung haben wir mit unserem gemeinsamen Konzertbesuch gemacht, Fremdeln inklusive, aber eben auch viel Freude und eine neue soziale Sicherheit. Die Erkenntnis, die bleibt, ist: Das mit den Konzerten, das geht. Und das mit den Menschen auch. Es hat sogar ganz schön gefehlt und ist Quelle von Freude.
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